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Warum DDR-Bürger:innen im Ministerium für Staatssicherheit gearbeitet haben. Ein sozialpsychologischer Erklärungsansatz für staatlich organisierte Repression im Staatssozialismus

Prof. Dr. Uwe Krähnke (MSB), Philipp Reimann und Matthias Finster gingen in ihrer jüngsten gemeinsamen Veröffentlichung der Frage nach, warum die ca. 78.000 hauptamtlichen MfS-Mitarbeiter:innen freiwillig in einem Staatsorgan des DDR-Regimes ihren Dienst verrichteten, in dem es zur Normalitätserwartung gehörte, in die Privatsphäre von Bürger:innen massiv eingreifen und die Betroffenen in ihren Lebenschancen massiv einschränken zu dürfen.

Auf der Grundlage von ca. 70 ausgewerteten qualitativen Interviews mit ehemaligen Stasi-Offizier:innen und -Unteroffizier:innen konnte nachgewiesen werden, dass sich die MfS-Angehörigen freiwillig und wissentlich dieser Institution unterwarfen. Sie waren jeweils zuständig für nur einen relativ kleinen, abgetrennten Arbeitsbereich innerhalb des bürokratisch und militärisch organisierten DDR-Geheimdienstes. Ihre indoktrinierte Grundhaltung war, die übertragenen Arbeitsaufgaben gehorsam und ohne Empathie gegenüber den drangsalierten Personen zu verrichten. Durch die systematisch erzeugte fragmentierte Verantwortlichkeit, Empathielosigkeit und ein ideologisch konstruiertes Feindbild konnten kognitive Dissonanzen und moralische Gewissensprobleme bei den MfS-Mitarbeiter:innen minimiert werden. Hierin liegt – so der zentrale Befund der Studie in Anlehnung an Hannah Arendt formuliert – die „Banalität der Stasi“.

Referenz:

Krähnke, U., Reimann, Finster, M., & (2023). Staatlich organisierte Repression und Unterdrückung von ‚feindlich-negativen Personen‘. Eine qualitative Studie zur Banalität der Stasi. Zeitschrift für Qualitative Forschung, 1-2023, 42-57. 10.3224/zqf.v24i1.04.

Link zur Publikation:

https://budrich.de/news/repression-unterdrueckung-banalitaet-stasi-ddr/


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